Gastspiel in Bremen

Ein Bericht von Uli

Wenn die Hannohirrim ganz traditionell den Bremer Tolkienstammtisch besuchen, wird es niemanden verwundern, wenn sich die allseits bekannten und beliebten Tolkienbezüge wie ein roter Faden durch den ganzen Tag ziehen.

A própos rot: Regionalexpresse sind rot, genau wie die Trikots der zahlreichen mitreisenden Fans von Bayern München. So konnte man die gut gelaunten und kämpferisch blickenden Uruk-Bay weniger sehen, aber dafür umso besser hören ("Wem habt ihr die Treue geschworen?" - "Ri-béeee-Riiiiii!"). Dank einer geschickten Platzwahl verlief die Reise in die Hansestadt dennoch problemlos und die Orks im Zeichen der Weißen Wurst machten neben ihren Gesängen nur durch leichte Düfte auf sich aufmerksam - hauptsächlich Bier, aber einmal auch leichte Schwefelnoten.

Am Ziel angekommen zogen die Orks in Richtung Hornburg (manche sagen auch Weserstadion dazu) und wir wurden auf das herzlichste von den Weisen von Bremeriand begrüßt. Bremen selbst steuerte seinen allerfeinsten Nieselregen bei und präsentierte sich weihnachtsmarkttechnisch auf das Beste gerüstet. Mit insgesamt zehn Gefährten wagten wir das große Abenteuer (also tolkien-gemäß neun Ringgefährten und ein Chronist, damit man hinterher auch etwas zum Nachlesen hat).

Die erste Station nannte sich "Schlachte-Zauber", was für Nicht-Bremer zunächst an die Magie epischer Heldenkämpfer ("Die Schlacht der Fünf Heere") denken lässt (oder an leckere Wurst- und Fleischwaren, wenn man ein Hobbit ist). Genau genommen ist die "Schlachte" aber nur ein Überbleibsel aus dem Niederdeutschen ("slagte"), gemeint ist das Einschlagen der Uferpfähle direkt an der Weser. Mit (hohen) Ufern kennen wir Hannoveraner uns ja wieder aus - und genau wie an unserem Leineufer haben die Bremer am Weserufer (der Schlachte) den mittelalterlichen Teil ihres Weihnachtsmarktes aufgestellt. Man fühlte sich also fast wie zu Hause und ein kurzer Blick ins Programm bestätigte, dass die eine oder andere Gruppe, die wenige Tage zuvor noch in der Leinemetropole gespielt hatte, inzwischen nach Norden gezogen war, um Bremen zu beglücken. Wir dagegen beglückten uns mit Glühwein, Bratwurst, Lachs, Maroni, Mokka und all den anderen kleinen Notwendigkeiten, derer ein hungriger Hobbit bedarf.

Nach den vielen Vorspeisen und Appetithäppchen wurde es natürlich Zeit für das Mittagessen ("Was ist mit dem zweiten Frühstück?" - "Das hattet ihr!)" und wir schlängelten uns am Dom mit seinen beeindruckenden Doppeltürmen (nein, nicht die zwei Türme) vorbei zur ebenfalls schon traditionellen Gaststätte, wo die Weisen bereits einen Tisch bestellt hatten ("Zum Schüttinger, Gandalf, geht das nach rechts oder links?").

Diverse Frischgezapfte später stellten wir erstaunt fest, dass selbst in der Küche Tolkien-Fans am Werk waren ("Ein Braunkohl ist niemals zu spät. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt."). Nach üppigem und leckeren Mahle wäre es eigentlich angebracht gewesen, "die Winkel auszufüllen" - statt dessen zogen wir weiter in das mittlerweile nachtdunkel gewordene Bremen und erfreuten uns weiterhin an Weihnachtsmarkt, Winterwelt und Wasser (als Nieselregen von oben). Auf geheimen Pfaden, deren Kenntnis eines Gollums würdig gewesen wäre, führte uns Roland kreuz und quer durch die Bremer Innenstadt und als echte Touristen mussten wir natürlich auch die Bremer Stadtmusikanten bewundern und ablichten.

Doch es begann spät zu werden und der Bahnhof war nahe. Danke, ihr Bremer, es war wieder wunderbar bei Euch! Wir hatten gemeinsam eine tolle Zeit - aber die große Schlußshow im Regionalexpress habt ihr verpasst. Man glaubt ja nicht, wie viel Spaß man mit einer Horde Fußballfans haben kann, die zu viel Bier gehabt haben und es jetzt wieder loswerden müssen. Klos in Regionalexpressen sind sehr kompliziert und man muss schon ein Istari sein, um den Öffnungs- und Schliessmechanismus der Türen zu durchschauen ("Mellon!" funktioniert nicht). Aber mit ein paar guten Tipps hilfsbereiter Hannohirrim war letztendlich alles lösbar und das eine oder andere Geschäft konnte zu einem guten Abschluss gebracht werden. So verging die Fahrt wie im Flug und wir freuen uns schon jetzt auf den nächsten Ausflug - wohin auch immer er uns bringen mag.

Ein herzlicher Dank an die Hannohirrim: Alex, Christian, Gudrun, Kerstin, Monika und Ulli und an die Weisen von Bremeriand: Roland, Sabine, Silvia.

Übrigens haben sich die Bayern nicht an Tolkiens Geschichte gehalten. Sie hätten an der Hornburg trotz deutlicher Führung verlieren müssen und der Siegtreffer wäre durch einen eindrucksvollen Konter in der Nachspielzeit gefallen ("Stürmt hinaus mit mir! Jetzt ist die Stunde gekommen, da wir gemeinsam Bälle treten!"). Statt dessen haben sie einfach gewonnen. Nicht auszudenken, wenn Théodens Volk mit 0:7 aus der Riddermark gefegt worden und Saruman sich auf Platz eins der Tabelle festgebissen hätte. Aber es bleibt ja noch das Rückspiel vor den Toren Minas Tiriths. Und bayerische Mûmakil dürfen eh nicht aufs Spielfeld.

Fotos aus Bremen