Die Geschichte von Beren und Lúthien

Eine Zusammenfassung von Uli

Am 2. September hat sich der Todestag von J.R.R. Tolkien zum zweiundvierzigsten Mal gejährt. Tolkien ist gemeinsam mit seiner Frau Edith auf dem Wolvercote Cemetery in der Nähe von Oxford bestattet. Zwei weitere Namen stehen auf dem Grabstein: Beren und Lúthien. Was hat es damit auf sich?

Die Geschichte von Beren und Lúthien erzählt Tolkien im Silmarillion in Kapitel XIV - es handelt sich um ein wunderschöne, aber auch tragische Liebesgeschichte, die aber am Ende sogar über den Tod hinausgeht. Beren, der Sohn des Barahir, ist ein Mensch aus dem Haus Beor, das zum Volk der Edain gehörte, den ersten Menschen, die das im nordwestlichen Mittelerde gelegene Beleriand besiedelten. Schon bald zeichnet er sich im Kampf gegen die eindringenden Orks aus - und als alle Stellungen der Menschen überrannt sind, überlebt Beren als Einziger. Aufgeben kommt für ihn nicht infrage, statt dessen wird er ein großer Kämpfer und erschlägt unzählige Orks. Bald ist er überall als Held bekannt. Doch dann tritt Sauron auf den Plan und Beren muss fliehen.

Im Wald Neldoreth trifft er auf Lúthien, die Elbenmaid. Ihre Schönheit überstrahlt alles: "Blau wie der wolkenlose Himmel war ihr Gewand, ihre Augen aber waren grau wie der Abend unter den Sternen; ihr Mantel war mit goldnen Blumen bestickt, ihr Haar aber war dunkel wie die Schatten der Dämmerung. Wie Licht der Bäume, wie die Stimme klarer Gewässer, wie die Sterne über den Nebeln der Welt, so war ihr Glanz und Liebreiz, und aus ihrem Antlitz schien ein Licht". Beren ist sofort verzaubert von Lúthien, als sie in Neldoreth tanzt und singt. Weil sie auch eine wunderschöne Stimme hat, nennt er sie Tinúviel, das bedeutet "Nachtigall". Die Elbin erwidert seine Liebe - doch unter einem guten Stern steht das Paar keinesfalls.

Eine unsterbliche Elbenmaid und ein dem Tode geweihter Mensch? Für Lúthiens Vater Thingol ist das ein Ding der Unmöglichkeit und in der Hoffnung, Beren loszuwerden, stellt er ihm die Aufgabe, einen der drei Silmarils (Edelsteine) aus Morgoth Krone zu bringen. Das ist gewissermaßen ein Himmelfahrtskommando, denn Morgoth (der auch Melkor genannt wird) gilt als Quelle allen Bösen und - und das seit den Tagen der Schöpfung Mittelerdes. Thingol rechnet fest damit, dass Beren von dieser Queste nicht mehr lebend zurückkehren wird.

Doch Beren willigt ein und bricht seinem Gefährten Finrod, der noch durch einen Eid an seinen Vater Barahir gebunden ist, nach Norden ins Ungewisse auf - und wird von Sauron gefangen genommen. Lúthien jedoch ist ihm gefolgt und findet Beren, der dem Tod nahe ist, im Verlies. Sie pflegt seine Wunden und gemeinsam erreichen sie tatsächlich Morgoth' Hallen. Der Dunkle Herrscher fällt durch Lúthiens Zauberkräfte in Schlag und Beren schneidet einen Stein aus dessen Krone. Doch das Glück ist kurz: Morgoth Diener erwachen und im verzweifelten Kampf versuchen sie die beiden Verliebten zu retten. Beren büßt eine Hand ein und als ihr Untergang eigentlich besiegelt ist, erscheinen die Adler Thorondor, Gwaihir und Landroval (die beiden letzten spielen auch im "Hobbit" eine wichtige Rolle) und retten Mensch und Elbenmaid. Den Silmaril jedoch müssen sie zurücklassen, er steckt in Berens Hand, die ihm der Werwolf Carcharoth abgebissen hat.

Als sie Thingol davon erzählen, zeigt sich dieser beeindruckt und ändert seine Meinung gegenüber Beren und erteilt den beiden seinen Segen. Die Geschichte könnte hier zu Ende sein, aber es kommt anders: Carcharoth wütet in Beleriand, rasend vor Schmerz, den ihm der Silmaril aus Berens Hans verursacht. In Doriath dem "Land des Zauns" in der Mitte Beleriands trifft das von Morgoth einst selbst gezüchtete Untier auf wieder auf Beren, die mit einigen Helfern den Wolf zur Strecke bringen will. Carcharoth wird besiegt, aber Berens Wunden sind tödlich. Er lebt nur noch lange genug, um Lúthien Tinúviel noch einmal zu sehen und sie zu bitten, in "Mandos Hallen jenseits des Westmeeres" (die man auch die Häuser der Toten nennt) auf sie zu warten. Lúthien ist von tiefer Trauer erfüllt und stirbt kurze Zeit später. Und wirklich treffen sich beide in Mandos Hallen wieder. Dort singt Lúthien vor Mandos das wunderschönste Lied, das je gehört wurde. Und das Unglaubliche geschieht: der "Richter über die Toten" ist von Lúthiens Trauer berührt und lässt sie wählen: will sie "allen Leids ihres Lebens vergessend" in die entrückte Welt der Valar ziehen, jedoch ohne Beren, dem als Sterblicher ein solcher Weg nicht vergönnt ist - oder kehrt sie zusammen mit Beren nach Mittelerde zurück und wählt das Los einer Sterblichen, das irgendwann in einem weiteren Tod enden wird? Sie entscheidet sich für Letzteres. Beren und Lúthien leben in Glück und Zufriedenheit - bis zum Ende.

J.R.R. Tolkien und seine Frau Edith lebten Anfang der 70er Jahre im Seebad Bournemouth. Hier starb Edith 1971; darauf zog Tolkien zurück nach Oxford. Er arbeitete weiter am Silmarillion, konnte es bis zu seinem Tod aber nicht mehr fertig stellen. Am 2. September 1973 starb er im Alter von 81 Jahren nach kurzer Krankheit in Bournemouth, wohin er für einen kurzen Urlaub zurückgekehrt war.

So stehen die Namen Beren und Lúthien auf dem gemeinsamen Grabstein für eine Liebe, die den Tod überdauern kann.