Tolkien Thing 2016
Von Angela
Der Weg von Hannover zum Ritergut in Lützensömmern war gar nicht so einfach: nach einem vergeblichen Versuch durch Osterhagen zu fahren (Jogo und ich hatten keinen Traktor für die landwirtschaftlichen Wege und fühlten uns auch nicht wie abgebrühte Einheimische, die einfach mal über eine halbfertige Baustelle fahren) kamen wir erst in einem großen Bogen in endlich Lützensömmern an.
Vorher konnten wir im Nachbarort Gangloffsömmern die Bedarfshaltestelle der DB sehen. Im Zug musste man sich melden, falls man dort aussteigen wollte (das hat bei Melian auch geklappt) und ein Shuttlebus vom Rittergut holte die Bahnreisenden dann dort ab.
In Lützensömmern fanden wir uns gut zurecht, da einige Straßenschilder direkt zum Parkplatz des Rittergutes zeigten und zusätzlich auffällige rote Schilder mit Tolkiens Silhouette uns den Weg wiesen. Das Thing-Orga-Team war einen Tag früher angereist und hatte gute Vorarbeit geleistet.
Als wir das Gelände betreten hatten, trafen wir als erstes auf drei freilaufende Perlhühner und mehrere Haushühner. In dem ersten Gebäude befand sich der verglaste Frühstücksraum, in dem das Deko-Team letzte Hand an die Tischdekoration anlegte. Die waren ebenfalls schon einen Tag früher angereist, was wir an auch an den vielen aufgehängten Bannern gut erkennen konnten.
An zwei Seiten des Frühstücksraumes fand sich eine großzügige Terrasse, von der aus man einen guten Blick auf eine L-förmige Gebäudeanordnung blicken konnte sowie auf zwei neu angelegte Teiche. Weitere Schilder mit dem DTG-Logo wiesen uns den Weg zum "Check-In" für die Zimmerbelegung. Davor befand sich ein großes Rund mit Tischen und Bänken unter einem starken alten Baum. Der Shuttle-Service konnte durch die Toreinfahrt den gepflasterten Weg entlang fahren und die Teilnehmer dort absetzten.
Kurz nach 16.00 Uhr konnten wir unser "Zimmer" belegen: eine geräumige Ferienwohnung mit einem Wohnzimmer und zusätzlichem Esstisch und einer kleinen Küche (sogar mit Spüle, Herd und Kühlschrank). Dusche und WC waren in getrennten Zimmern. Und oben gab es zwei Schlafzimmer: im "Elternschlafzimmer" standen zwei getrennte Betten und in der Ecke noch ein Stockbett, davor ein schmaler Schrank. Eine kleine Sitzecke vervollständigte die Einrichtung. Im "Kinderschlafzimmer" befanden sich noch einmal ein paar Stockbetten. Leider gab es keinen Nachttisch mit Lampe und auch nur eine einzige Steckdose, auch keinen weiteren Schrank. Die Gewandung wurde deshalb an die Garderobe gehängt. Ein kleines Manko waren auch die fehlenden Schlüssel für das Bad und WC - aber ich bastelte einfach zwei Wendeschilder ("besetzt" und "frei") und hängte sie an die Griffe.
Um 16.30 Uhr stattete uns der Eiswagen zum ersten Mal seinen Besuch ab (die Donnerstagreisenden kannten ihn schon). Es gab verschiedene Waffeln oder Becher und jede Menge leckere Eissorten: Milchreis Zimt, Minze Schokolade und weitere Sorten. Zwei Kugeln gab es für gerade mal einen 1,00 Euro. Am Freitag und Samstag wurden die Warteschlangen dann länger und immer länger. ..
Nach dem Einzug erkundeten wir zusammen mit Ulrike, der dritten Zimmergenossin, das weitläufige Gelände. Überall gab es Sitzplätze unter den Bäumen, daneben stand ein Grill in Form einer liegenden Katze. Nebenan gab es ein kleines Steinrund (zwei Stufen übereinander) mit einem Platz für ein Lagerfeuer. Weiter hinten standen ein Lehmbackofen und ein kleines Backhäuschen. Eine Tischtennisplatte fehlte ebensowenig wie ein Hockeyfeld mit Toren, straff gespannte Seile konnten für Seiltanzübungen benutzt werden. In einer Voliere nahe des Ausgangs zum Parkplatz befanden sich ein Pfauenmännchen, Nymphensittiche und Meerschweinchen. Das Gatter daneben bewohnten zwei weiße Alpakas und ein dicker brauner Esel und auf der angrenzenden Wiese stand der DTG-Wohnwagen mit der Bemalung einer gemütlichen Hobbithöhle. Dort konnte gezeltet werden und ein Teil der Wiese war abgetrennt fürs Bogenschiessen.
Um 18.00 Uhr was Abendessen: es gab verschiedene Brotsorten, Käse- und Wurstaufschnitt, frische Blattsalate und Obst. Man konnte sich einen Becher heißes Wasser nehmen und dann zwischen verschiedenen Teesorten wählen oder Mineralwasser trinken.
Die bislang anwesenden Thing-Teilnehmer teilten sich nach dem Essen in zwei Gruppen: die Fussballfans, die sich zum Fernsehen im "Grünen Drachen" (der gemütlichen Kneipe mit Tresen, einer Empore und einigen Sitzplätzen) einfanden - und die Nicht-Fans, die für die EM wenig übrig hatten. Zu denen gehörte ich und habe die Zeit genutzt um mich an frischer Luft mit den anderen zu unterhalten. Gerüchteweise haben einige Teilnehmer sich das 0:2 gegen Frankreich beim anschliessenden Whisky-Tasting schön getrunken...
Am Freitagmorgen ging es nach dem Früstück los mit dem Vortrag "Daebeth, Blasphemie in Mittelerde". Draußen auf der Wiese konnte man sich ab 10:00 Uhr im Bogenschiessen üben. Ab 11:00 Uhr gab es "Dalli-Klick" und zeitgleich den Vortag "Waldläufer und Nachtwache - Ranger in Mittelerde und Westeros" (also der Welt von "Games of Thrones"), den ich mir angesehen habe: in Mittelerde gab es zwei größere Gruppen von Waldläufern, im Norden die letzten der Dúnedain und weiter im Süden die Waldläufer aus Ithilien. Sie waren mehr oder weniger angesehen, während die Nachtwache auf Westeros vielmehr eine Strafe oder Exil war. Sie hatte große Nachteile: es war extrem kalt an der Mauer, die Wächter durften (eigentlich) keine Frauen und Kinder haben und machten die Wache oft nur, um einer schlimmeren Bestrafung (nämlich dem Tod) zu entgehen. Wer von dort desertierte, wurde trotzdem bis zum Tod gejagt. Die Dúnedain dagegen waren zwar im Volk nicht sehr hoch angesehen, aber sie wollten es auch gar nicht anders, vielmehr ging es ihnen darum, die Bewohner Mittelerdes insgeheim beschützen zu können. Die Waldläufer von Ithilien wurden speziell vom Truchsess von Gondor ausgesucht und genossen somit das höchste Ansehen.
Ab 14:00 Uhr ging es breit gefächert weiter. Vom "Drachen zähmen leicht gemacht" (Drachen bauen) habe ich leider nichts gesehen, eben so wenig wie das "Activity-Qzuiz". Das Hannohirrim-Team hat aber den zweiten Platz belegt! Zu der Zeit war ich im Vortrag: "Ist der Kontinent von Games of Thrones auf Arda?" Nun ja: Die Kontinente Essos und Westeros sind zusammen wesentlich kleiner als Arda. Und Westeros allein hat in etwa die Form von England, oben mit einem etwas vergrößerten Schottland.
Vom Workshop "Pfeile selber bauen" habe ich noch den Abschluss sehen können. Die Holzrohlinge (Rundstäbe) mussten vorher bearbeitet werden, dazu wurden die Nocken eingesägt und das Holz am Ende der Nocken mit Draht umwickelt. Für die Spitze wurde der Rohling etwas angespitzt und die Metallspitze mit Klebstoff gesichert. Die Federn wurden auf die richtige Größe geschnitten, der Rundstab dann wieder eingespannt, so dass man eine Feder nach der anderen mit dünnem doppelseitigem Klebeband versetzt auf den Schaft kleben konnte. Zum Schluss wurden die Enden der Feder noch mit Draht umwickelt.
Dem Vortrag von Helmut Pesch "Fantasy schreiben im Schatten von Tolkien" und einem weiteren Vortag "Ring und Stab" Magie in Mittelerde konnte ich leider nicht folgen, da ich in der Zeit ein Lesezeichen gebastelt habe. Aus einfachen Formen für Körper, Kopf und Gliedmaßen konnte man mit Papier, Karton, Moosgummi und Stoffen seine Lieblingsfigur zusammenstellen. Zur Auswahl standen Faramir, ein Haradrim, Legolas, Arwen, Gandalf und Beorn. Ich wählte mir den Beorn, da ich auf die Schnelle nicht das Gewand für Boromir fand.
Inzwischen traf auch René mit dem Tolkienwinkel ein. Es gab wieder viele schöne Kleinigkeiten, Bücher, Pins zum "Herrn der Ringe" und dem "Hobbit" zu erstehen. Auch Malbücher und Lesezeichen gab es im Angebot.
Im Hof konnte man vor der Hobbitküche (dort gab es am Nachmittag frische Waffeln) "Edle Tropfen aus Mittelerde" probieren. Es gab viele verschiedene Liköre, auch hochprozentige.
Nach dem Abendessen war es Zeit für die MV (Mitgliederversammlung). Der 1. Vorsitzende gab einen kurzen Überblick über vorangegangene Aktionen z B. unsre humanitäre Posteraktion für Flüchtlinge, dazu wurden Poster verkauft und der Erlös an die Samariter gespendet. Der Versprecher des Abends war: "Auch Flüchtlinge waren einmal Zwerge". Die Mitglieder mussten erst einmal begreifen, was Tobias da gesagt hatte... dann gab es aber viel Gelächter!
Die Verabschiedung einiger Satzungsänderungen ging einigermaßen schnell über die Bühne, da nur die Nein-Stimmen und Enthaltungen gezählt werden mussten. Aber bei der Wahl der neuen Beisitzer des Vorstandes wurde eine geheime Wahl gefordert. Dazu wurden Stimmkarten verteilt (in mehreren Farben für evtl. Stichwahlen) und man durfte nur drei (von vier Mitgliedern) aufschreiben. Mehr Nennungen oder andere Zeichen als Zahlen führten zur Ungültigkeit der Stimme. Doch die Wahl ging schnell und mit eindeutigem Ergebnis zu Ende, so dass die MV vor Mitternacht zu Ende war.
Es folgte noch die Begrüßung der neue DTG-Mitglieder ("Erstis"), die erstmalig beim Thing dabei waren. Das war für mich eine neue Sache, da ich an einigen Things nicht teilgenommen hatte. Für mich war deshalb kurz nach Mitternacht die Nachtruhe angesagt.
Am Samstag nach dem Frühstück habe ich mich sportlich betätigt bei "Kämpfen wie Gollum, Selbstverteidigung für Hobbits". Der Trainer und seine Tochter kamen vom Krav Maga, der Selbstverteidigung des israelischen Geheimdienstes. Sie brachten uns bei, einen Gegner mit einfachen Mitteln zu überraschen, aus dem Gleichgewicht zu bringen und anschließend zu flüchten, um sich in Sicherheit zu bringen. Sehr spannend!
Zeitgleich liefen der Rollenspielworkshop für Anfänger und die Hobbitbäckerei. Die fleißigen Bäckerinnen bereiteten gemeinsam den schon im "Hobbit" erwähnten Kümmelkuchen vor, der dann später bei der "Long Expected Party" verteilt wurde an alle, die probieren mochten. Er war schön frisch und saftig, der Kümmelgeschmack war gar nicht so schlimm...
"Tänze aus Mittelerde" und das Bogenschiessen fanden danach statt, ebenso der Vortrag "Im Osten nichts Neues - Mordor im ersten Weltkrieg", ein Auszug aus Annikas Masterarbeit. Dieser Vortrag ist nichts für zart beseitete Gemüter: nicht nur die Bilder, auch die Geschichte der Grabenschlacht an der Somme sind schwer zu verdauen und zeigen ungeschönt die Schrecken des 1. Weltkriegs. Eine Stelle aus dem "Herrn der Ringe" bei den Totensümpfen beschreibt genau die Situation im Niemandsland zwischen zwei Schützengräben. Tolkien war dort als Offizier und Fernmeldetechniker stationiert. Zwei von seinen drei engsten Freunden fielen in Frankreich.
Ab 14.00 Uhr - nach dem Mittagessen - gab es wieder viel Programm. Die Stammtischsprecher trafen sich im Hof, es wurden Stofftaschen mit Motiven von Tolkien bemalt und es lief der Vortrag "Wo erfahre ich mehr über Tolkien?" Es wurde noch einmal Bogenschiessen angeboten und ab 15.00 Uhr gab's wieder Waffeln sowie den Vortrag "Die Menschen von Mittelerde. Wo kommen all die Krieger her?" Die Vorstellung der Gastgesellschaft - die "Inklings" aus Leipzig - folgte im Anschluss.
Als letztes vor dem Abendessen erzählte Helmut Pesch, wie er zu den Elbisch-Wörterbücher gekommen war. Helmut hatte beim Verlag Bastei Lübbe das große Mittelerde-Lexikon von Robert Foster übersetzt. Seine Übersetzung überlebte einige Neuauflagen in der gleichen Ausführung im Text. Später wurde das Lexikon durch weitere Beiträge aus Büchern von Tolkien ergänzt, die nach seinem Tod veröffentlicht wurden. Um die Zeit des ersten Filmteiles ("Die Gefährten") herum entstand die Idee, ein reines Lexikon über elbische Sprachen zu veröffentlichen. Beim Verlag glaubten sie zwar nicht an einen großen Erfolg, aber 2003 erschien das Werk mit dem "skandalösen" Einband, dem großen "E" über einen dicken Linie, wie man es eigentlich von den Langenscheidt-Wörterbüchern kennt. Ein paar Abmahnungen und Verhandlungen später durfte die erste Auflage dann doch noch mit diesem Umschlag verkauft werden. Der Verlag hatte mit einer Auflage von 3.000 Büchern gerechtnet, aber nachdem etwa 60.000 Exemplare verkauft waren, gab es 2004 eine Erweiterung mit Übungen zum Elbischen in Schrift und Sprache.
Nach dem Abendessen um 20.00 Uhr wurde zur Modenschau in den Hof gebeten, quasi als Eröffnung der "Long Expected Party". Die Gewandungen waren von verschiedenen Schneiderinnen erstellt und wurden von den DTG-eigenen Models vorgeführt (einige zeigten sogar mehr als nur eine Gewandung). Es gab einen "Krieg" zwischen den Figuren aus dem "Herrn der Ringe" und dem "Hobbit". Eowyn entschied dann den Battle locker mit: "Ich war im Buch und Du so?" Zwischendurch gab es Werbung mit Radgast für verschiedene Pflegeprodukte , wie z.B. den "Heldenschweiß" (sollten Sie nicht verpassen). Als letzte trat noch einmal Heidi als Hobbitfrau auf, die buchstäblich nach den Sternen greifen wollte - und ihr Mantel trug das Abzeichen von Star Trek. Die Lacher waren groß und Gandalf wollte am liebsten gleich mit ihr in fremde Galaxien vorstoßen.
Die Party verlagerte sich dann in den "Grünen Drachen", wo dann auch der Kümmelkuchen gereicht wurde. Unser Hannohirrim-Uli und Marie Noëlle machten die traditionell wieder die Moderation. Von den Teilnehmern des Tanzworkshops wurde ein komplizierter Gruppentanz vorgeführt, es gab eine Zaubervorstellung mit verbundenen Augen und Uli zusammen mit Uli2 gaben die Sportschau zum Besten. Sabine (von den Bremerianden) zeigte wieder eine wunderschöne Solo-Tanznummer. Eigentlich gab es noch viel mehr aber die Party war zu lang für mich und ich habe einiges schon wieder vergessen (und musste dann schnell ins Bett).
Ein letztes, leckeres Frühstück am Sonntag - sogar mit warmen Frühstückseiern - erwartete uns am Morgen. Danach mussten bis spätestens 11.00 Uhr die Zimmer besenrein geräumt sein. Ich habe noch letzte Fotos geschossen, während die Sitzung der Flammifer-Redaktion öffentlich abgehalten wurde. Wer sich für Rollenspielsysteme interessierte, konnte noch einen Vortrag besuchen. Dann wurde im grünen Drachen noch die "Mathom-Versteigerung" durchgeführt. Hier wurden viele Sachen mit und ohne Tolkienbzug versteigert, aber auch ein paar Comics (ab 18 Jahre!) und auch Marmeladen oder Likör. Malte aus Bremen moderierte gekonnt und Raphael und Tobias machten die Nummern-Girls.
Dann war es auch schon Zeit für das Mittagessen. Ein großes Lob an die Küchencrew vom Rittergut! Die warmen Mahlzeiten wurden von ihnen direkt verteilt, damit sichergestellt war, dass auch die Vegetarier und Allergiker alle das richtige Essen bekamen. Wenn später etwas übrig war, konnte man dann nachnehmen. Das Essen war durchweg lecker und frisch gekocht. Es gab viel frischen Salat und auch Obst zu den Mahlzeiten.
Wer nach dem Essen noch nicht zum Zug musste oder die Heimfahrt mit dem Auto antreten wollte, nahm an der Feedbackrunde im Hof teil. Es gab zwar auch eine anonyme Zettel-Umfrage, was uns gefallen hatte (und was nicht), aber die direkt geäußerten Stimmen waren durch die Bank weg positiv für diese neue Location - und natürlich auch für die Thing-Organisation und das vielfältige Programm.
Jetzt kam nur noch der unangenehmste Teil: der ABSCHIED. Wie immer wurde das Losfahren so lange wie möglich hinausgezögert... aber irgendwann fuhren auch wir wieder Richtung Heimat. Wir würden gerne im nächsten Jahr wiederkommen.
Eure Angela aka Gimlix.