Tolkien Tag 2018 in Hannover
Ein weiterer Tolkien Tag in der mittlerweile 15jährigen Geschichte der Hannohirrim ist inzwischen Vergangenheit - Zeit, mal etwas genauer zurück zu schauen.
Ein Bericht von Uli
War's das? Für die einen ja; die Besucher nämlich, die am Ende des Wochenendes mit hoffentlich neuen Ideen und vielen guten Eindrücken nach Hause gegangen sind, während die anderen, nämlich die Hannohirrim, etwas ratlos sind. So schnell wird ihnen das Wochenende nicht aus dem Sinn gehen, wenn auch aus zweierlei Weise.
Was war nicht alles im Vorfeld geplant und erdacht worden! Wen man einladen könne und welche Angebote es geben solle, was zu essen und was zu trinken - und schnell waren erste Erfolge da. Plötzlich überstürzten sich die Zusagen, teils aus den eigenen Reihen und teils aus noch ganz unerschlossenen Quellen. Online zog der Tolkien Tag schnell seine Kreise und die Vorfreude wuchs in gleichem Maße, wie die Likes und Kommentare in die Höhe schnellten. Aber ach: es gibt noch ein Leben außerhalb der digitalen Welt - und hierher war die Kunde vom großen Tolkien Tag nur spärlich gedrungen.
Auf einmal wurde das Szenario Wirklichkeit, welches eigentlich nur als Was-wäre-wenn durchgespielt war (immerhin hatten die letzten beiden hannoverschen Tolkien Tage Besucherzahlen am oberen Ende des unteren dreistelligen Drittels erbracht). Der Tolkien Tag eröffnete also frohgemut seine Pforten und geschah - erstmal nichts. Hannover präsentierte sich so, wie Harald Schmidt es jahrelang im Fernsehen parodiert hatte, nämlich gar nicht. Oder vielmehr nett, freundlich und mit wirklich schönem Wetter, aber dafür so, als sei der Ausdruck, hier sei der Hund begraben, eigens für dieses Wochenende erfunden. Dabei gab es so viel zu sehen und zu erleben bei uns: wir hatten Vorträge von namhaften Tolkien-Experten, eine Mitmach-Ecke, wo man Gläser gravieren konnte, Games Workshop zeigte das neue Herr-der-Ringe-Tabletop, man konnte Figuren bemalen, alles über die Deutsche Tolkien Gesellschaft lernen, elbisch-japanischen Schwertkampf ausprobieren, phantastische Gemälde und eine Lego-Ecke bewundern und natürlich nach Lust und Laune in der Hobbitküche schlemmen - und das war nur der Samstag!
Gleichzeitig waren Ork- und Haradrimhorden unterwegs, um ein Publikum anzulocken. Höhepunkt dabei war mit Sicherheit der Besuch beim nahegelegenen Edeka, der fast die komplette Belegschaft dort in die Flucht schlug und von dem man wahrscheinlich noch in mehreren Jahren sprechen wird.
Auch der Sonntag musste sich keinesfalls verstecken, war doch Friedhelm Schneidewind extra für zwei Vorträge und ein Konzert angereist, es gab einen Quiz mit tollen Preisen und den Malwettbewerb (wie auch schon am Vortag) oder die Rollenspielecke, allein, es interessierte kaum jemanden. Oder anders ausgedrückt, es interessierte kaum jemanden außerhalb der Tolkien Gesellschaft. Die DTG nämlich war gar hervorragend vertreten und ihre Mitglieder hatten sichtlich viel Spaß! Überhaupt wurde deutlich: diejenigen, die dabei waren, sahen nicht nur glücklich aus - sie waren's sogar. Fast alle sind den ganzen Tag geblieben und fanden es großartig.
Also doch alles in bester Ordnung? Ja und nein. Wenn eine Mannschaft wie die Hannohirrim dermaßen viel Energie und Arbeit in eine Veranstaltung steckt, dann ist es ihr nur zu wünschen, dass auch viele Leute kommen. Dadurch wird das eigene Engagement gewürdigt und die Motivation steigt, so etwas auch in Zukunft zu machen. Oder anders: die Sinnfrage, ob man denn alles richtig gemacht habe und ob es sich lohne, stellt sich gar nicht erst. Da ist es bezeichnend, dass Hannover 96 am Vorabend des Tolkien Tags 0:0 spielte. Da wäre bestimmt mehr drin gewesen, aber am Ende der Saison wird man vielleicht sagen, dass dieser eine Punkt möglicherweise der entscheidende war.
Das Konzept des Tolkien Tages hat es aktuell schwer in Deutschland. Das Thema ist genau genommen durch, die Filme liegen teilweise so lange zurück, dass heute aktive DTG-Mitglieder die Älteren fragen, wie das denn damals gewesen sei, weil sie damals nch viel zu klein für einen Kinobesuch waren. Irgendwann wird es eine Amazon-Serie geben, die aber nicht so einfach zu sehen sein wird, weil sie vermutlich online ausgestrahlt wird. Das hat noch nicht genügend Schlagkraft. Gleichzeitig gibt es die "Tolkien Days Germany" in Geldern, die viele Tausend Besucher anziehen und international erfolgreich sind. Hannover ist 2018 der einzige Tolkienstammtisch, der einen Tolkien Tag veranstaltet.
Vielleicht müssen sich das Genre und diejenigen, die es beleben, an einigen Stellen neu erfinden und bestehende Konzepte ganz neu denken. Dazu sind an diesem Wochenende bereits Gespräche geführt worden und man kann sich durchaus ein wenig aus dem Fenster lehnen und prophezeihen, dass Hannover da ein paar ziemlich gute Ideen hat. Aber die werden etwas Zeit brauchen.
Am Ende von Tolkiens Erzählung stehen zwei Hobbits am Gipfel des Schicksalsberges. Sie haben eine Mission, aber kaum noch Kraft. Längst ist die Ringgemeinschaft zerfallen und ihre Mitglieder in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Eigentlich können die beiden nichts mehr ausrichten. Die einzige Quelle, aus der sie noch Kraft schöpfen können, ist die Freundschaft. Sie können sich aufeinander verlassen. Freundschaft, Vertrauen, Mut und Gemeinschaft sind wichtige Elemente im Herrn der Ringe. Es sind grundlegende Werte, auf die zu bauen es sich lohnt. Diese Erfahrung ließ sich auch in Hannover machen: hier haben sich nicht nur Vereinsmitglieder getroffen und Programm für Besucher angeboten. Hier haben sich Freunde getroffen. Das war wichtig.
Und nun? Ganz ehrlich: ein Freunde- und Familientreffen könnte man auch anders aufziehen. Man müsste nicht gar so viel auffahren und organisieren. Aber es hilft, wenn etwas schief geht. Es sind die vielen kleinen Details, die einen Tolkien Tag ausmachen. Und davon gab es eine ganze Menge. Hannover sagt Danke an alle unsere Freunde.
Übrigens: wir haben hungrige & durstige Freunde (was gut für die Küche war). Und spendable (was gut für den Spendentopf war. Zum Schluss hat sogar die Kasse gestimmt. Noch so ein (ganz) kleines Detail. Schluss :-)