Auf nach Bremen
Am 2. Adventswochenende fahren die Hannohirrim an die Weser
"Ein Wochenende, das jedem Hobbit gefallen würde", fasst Uli Hacke die Tour nach Bremen zusammen. Seit einigen Jahren ist er Sprecher des hannoverschen Tolkienstammtisches und hat den adventlichen Kurztrip schon mehrfach absolviert. Letztes Jahr hat er wegen Erkältung und Fieber nicht teilnehmen können. "Da fehlt einem schon was."
Es beginnt mit dem offiziellen Stammtischtreffen am Freitagabend, diesmal dem besonderen Anlass angemessen in der "Comturei" im atmosphärischen Gewölbe aus dem 13. Jahrhundert. Als "kulinarische Zeitreise" bewirbt das Restaurant sein Angebot. Da Zeitreisen heutzutage in cineastischer oder literarischer Version meist mit einem guten Schuss Phantastik angereichert werden, trifft das hier voll zu: der angepriesene "Raubritterspieß" kommt zünftig daher, schmeckt lecker, aber ob es auch im Mittelalter mit tropischen Früchten garniert und mit Rum flambiert wurde, darf getrost angezweifelt werden. Aber was solls!
Das diesjährige Treffen hat mit leichten Überschwemmungen zu kämpfen und es fließt mehr Bier an ihm nicht zugedachte Stellen als nötig. Möglicherweise ein erster Vorbote des Klimawandels, wenn der allgemeine Wasser- oder eben auch Bierspiegel anzusteigen droht? Ein Frage, die im Laufe des Abends nicht geklärt werden kann, dafür bleibt genügend Raum um die Themen zu besprechen, die einem wirklich am Herzen liegen. Zum Beispiel, wie der angekündigte StarWars-Film werden wird. So manch eine Vermutung lässt Schlimmes erahnen. Man wird sehen, mit wem die Macht wirklich ist und wenn nur glaubt, dass er sie besitze.
Das folgende Samstag beginnt mit einer Zugverspätung, so dass die per Regionalexpress aus Hannover und Göttingen eingetroffene Verstärkung auf die Stammtischbesucher warten müssen. Eine ansprechend große Gruppe macht sich auf den Weg zum Schlachte-Zauber, dem mittelalterlichen Teil des Weihnachtsmarktes an der Weser. Hier darf nach Herzenslust gebechert und geschlemmt werden. Das Angebot ist reichlich und für jeden Geschmack ist etwas dabei. Aber nicht nur das leibliche Wohl steht im Fokus, so ersteht beispielsweise Kerstin ein liebenswertes blaues Kistenmonster, das sich später noch großer Beliebtheit erfreut.
Ganz Bremen scheint aus Weihnachtsmarkt zu bestehen und es ist jedes Mal ein kleiner Augenöffner, wenn man von der Weser kommend vorbei an der Martinikirche plötzlich auf dem Domplatz steht. Die zwei Türme der Pfeilerbasilika aus dem 11. Jahrhundert sind zurecht das Wahrzeichen der Hansestadt und strahlen Erhabenheit aus. Da passt das fröhliche Gesangsquintett mit Gitarren und Rhythmusbox, das vor dem Haus Schüttung Aufstellung genommen hat, nur bedingt - und erschwert wird das Ganze dadurch, dass die jungen Männer anscheinend nur zwei Zeilen Text und drei Harmonien im Gepäck haben, diese aber locker zwanzig Minuten durchhalten. Ein Schluck Feuerzangenbowle hilft uns weiter.
Am Ende treffen sich die Gefährten im Stammlokal der "Weisen von Bremeriand" in der Nähe des Bahnhofs. Hier prallen "bayrisch-österreichische Atmosphäre auf Bremer Hanse-Style" aufeinander, wie es auf der Homepage des Restaurants heißt. Das passt schon ganz gut und am Ende sind alle satt und zufrieden. Nicht fehlen darf hier der altbekannte Tolkien-Toast, bei dem gemeinsam auf den Professor angestoßen wird. Immerhin: "Ohne den Professor oder ohne die Tolkiengesellschaft würde niemand von uns einen der anderen kennen", sagt Uli. Und das stimmt! Es sei denn, man setzt auf den Zufall - so wie sein Namensvetter Ulli (der sich aber mit zwei "l" schreibt) anmerkt, schließlich haben die beiden mehrere Jahre lang knapp 200m voneinander entfernt in der gleichen Straße in der hannoverschen Südstadt gewohnt. Ohne sich zu kennen, wohlgemerkt.
Auf solche Situationen sollte man aber nicht bauen, das lehrt schon die (phantastische) Literatur. Man stelle sich vor, man sei ein Zauberer und müsse einen Drachen loswerden, weil anderenfalls die Gefahr bestünde, dass ein finsterer Schurke das geflügelte Untier als vernichtende Waffe gegen die freien Völker einsetzen könnte. Man könnte das Problem dadurch lösen, dass man zufälligerweise einen nicht ganz unbedeutenden Zwerg trifft, der auf Rache sinnend durch Mittelerde streift. Praktischerweise hat man als Zauberer einen Schlüssel und eine Karte dabei, die exakt auf diese Situation passen. Der Rest wäre dann Geschichte. So etwas kann klappen. Die Hannoveraner und Bremer empfehlen diese Vorgehenswese aber nicht.
Sie haben ihre eigenen Methoden. Und die sind verdammt gut :-)